Die Rede von Eugen Drewermann:
Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,
ich danke Ihnen sehr für Ihr Engagement und am heutigen Ostermontag einzutreten für das, was man an diesem Tag tun sollte – Ja zum Leben und Nein zu sagen zum Tod. Ins Politisch-Praktische lässt es sich zusammenfassen in die folgenden fünf Programmpunkte:
- Wir sagen Ja zur Menschlichkeit und Nein zur Militarisierung.
- Wir sagen Ja zur Abrüstung und Nein zur Aufrüstung.
- Wir sagen Ja zur internationalen Verantwortung und Nein zu internationalen Kampfeinsätzen.
- Wir sagen Ja zur Versöhnung und Nein zur Konfrontationspolitik.
- Wir sagen Ja zur Solidarität und Nein zum Sadismus auf Kasernenhöfen und Schlachtfeldern.
Wir wollen das, was wir schon 1989 hätten haben können, das Ende der Militarisierung des Politischen in Gesamteuropa. Gorbatschow hatte das vorgeschlagen: Entmilitarisierung vom Ural bis zum Atlantik. Nicht gewollt hat das die US-Regierung, unter George Bush dem Älteren. Krieg um Krieg musste vom Zaum gebrochen werden. Und die Nato brauchte neue Ziele, sie war überflüssig, nachdem der Warschauer Pakt kollabiert war. Plötzlich erfand man den Anti-Terror-Kampf und legte das Programm der Neokonservativen für ein kommendes amerikanisches 21. Jahrhundert auf. Besetzung all der Gebiete, die mal von der UdSSR gehalten wurden, jetzt aber nicht mehr verteidigt werden konnten. Der Durchmarsch der Sieger im Kalten Krieg. Als wäre diese Zeit mit all den permanenten Einschüchterungen, von Atomwaffen über Wasserstoffbomben bis zu den Neutronenbomben, nicht des Wahnsinns genug gewesen. Jetzt musste man Gewicht haben und die Machtposition erobern, für die die NATO all die Zeit stand. Nie für Frieden, aber für die Hegemonialansprüche der Amerikaner. Es ist deshalb wichtig hier in Frankfurt zu sagen, dass wir nicht länger der 51. Mitgliedsstaat der Vereinigten Staaten von Amerika sind, gleich hinter Hawaii. Wir sind nicht der landgestützte Flugzeugträger der amerikanischen Kriegspolitik. Wir sind nicht die beste Kolonie, die Amerika im Ausland sich aufgebaut hat.
Wir machen Schluss im transatlantischen Bündnis, damit alles mitmachen zu wollen, was an Fehlern vom großen Bruder über dem Teich begangen wird.
Also wollen wir nicht länger dafür geradestehen, dass immer neue Kriege nötig sind. Wir haben seit 2001 alleine mehr als sieben muslimische Staaten so zerbombt, dass sie als “Failed States” in die Geschichte eingehen. Hunderttausende von Menschen hat das das Leben gekostet, Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Sie schwimmen auf dem Mittelmeer und wir weigern uns in Europa, sie als Flüchtige aus einer Stätte des Elends auch nur aufzunehmen. Wir lösen keine Probleme, wir vermehren sie ins Unersättliche. Ja zum Leben bedeutet: Nein zum Krieg; bedeutet, dass wir mit Menschen umgehen, wie Menschen es verdienen: respektvoll, humanitär, und solidarisch.
Das Militär ist genau das Gegenteil. Er ist die planvolle Zerstörung von allem, was das menschliche Leben bedeutet und es ist die Umerziehung von Menschen für die Fähigkeit, Unmenschlichkeit auf Befehl begehen können.
Dass damit Schluss sein soll, ist der Sinn unserer heutigen Aktionen am Ostermontag der Protestaktionen. Wir sagen Ja zur internationalen Verantwortung, aber wir sagen Nein zu internationalen Militäreinsätzen. Nach wie vor gaukelt man uns die Lüge über die Medien vor, wir hätten nach 1989 als eine der starken Wirtschaftsnationen die Aufgabe, international überall einzugreifen, wo gerade bestimmte strategisch wichtige Ziele wirken könnten. Nicht um humanitäre Ziele geht es, sondern um monetäre. Ins Deutsche übersetzt um kapitalistische, kolonialistische und imperialistische Zielsetzungen, um die Hegemonialausdehnung der amerikanischen Vormachtbehauptung in der ganzen Welt. Deshalb haben wir eine Strategie, wie wir Raketen verlegen könnten ins Baltikum. Gerade sind wir dabei, die Erstschlagkapazität wiedergewinnen zu wollen, die schon in der Reagan-Politik anvisiert war. Wir müssten Raketen so abschießen können, dass eine Gegenantwort Russlands gar nicht mehr möglich wäre.
Und Deutschland soll wieder mal die Drehscheibe und das Aufmarschgebiet für diese Art der strategischen Wahnsinnspolitik sein.
Oh ja, wir Deutsche haben Grund, die Zeit von 12 Jahren Faschismus zu bedauern. Und mit Recht verbinden wir damit vor allem den Rassismus. Und wir müssen damit auch verbinden den unerträglichen Militarismus. Es waren Deutsche, die zweimal über Russland hergefallen sind, die 1941 vierzig Kilometer vor Moskau standen, so dass ihre Artillerie bis in die Vororte schießen konnte. Und wir hatten Winston Churchill, der 1945 die Deutschen wieder umdrehen wollte, damit nach der Abschaffung von Hitler jetzt auch der Sowjetkommunismus abgeschafft würde. Das alles hat im Denken der Westmächte offenbar nie aufgehört. In unserem Denken sollte es aber aufhören. Nach 27 Millionen getöteter Sowjetbürger haben wir keinerlei Grund mehr irgendeine Oppositionspolitik gegen Russland zu treiben.
Wie oft hat Russland uns die Hand gereicht zur Versöhnung und zum Frieden.
Noch 2007 auf der sogenannten Sicherheitskonferenz – vormals Wehrkunde-Konferenz von Herrn Ischinger in München – konnte Putin davor warnen, dass wir in einen Kalten Krieg zurückfallen würden. Heute ist er voll im Gange. Und wir sollen unter internationalen Friedenseinsätzen als das verstehen, was wir derzeit gerade haben. 20 Jahre schon wütet die Bundeswehr mit in Afghanistan. Man kann über Trump denken was man will, aber unter seiner Regierung wäre am 31. März Schluss gewesen mit den Militäreinsätzen des Westens in Afghanistan. Unter Biden werden wir darüber nachdenken und wir werden noch lange da bleiben, denn es gibt Bodenschätze in Afghanistan und es hat rein geografisch eine Schlüsselposition zwischen Indien und China. Wir müssen China eingrenzen von der Südflanke her. Wir müssen Russland eingrenzen von der Westflanke her. Wir müssen China in eine Containment-Politik hineinzwingen, indem wir deutsche Fregatten in den Pazifik laufen lassen nach dem Plan von Annegret Kramp-Karrenbauer. Wir müssen Japan, Australien, Süd-Korea und Taiwan zusammen bündeln als formierte Kampfgemeinschaft gegen China. So schafft man keinen Frieden, so schafft man den Unfrieden in der ganzen Welt. Deshalb auch sind wir für Abrüstung statt Aufrüstung. Allein der Stand, den die Rüstung des Militärs erreicht hat, ist unerträglich. Und wir können nur Frau Merkel, Frau von-der-Leyen, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer sagen:
Wir werden alles dafür tun, dass die Bundeswehr nicht wie geplant jemals im Herzen der bürgerlichen Gesellschaft ankommt.
Ganz im Gegenteil: Sie gehört da nicht hin, in keiner Weise. Wie ist es möglich, dass man mit Uran angereicherten Panzergranaten ganze Regionen wie im Süd-Irak, in Bosnien und Serbien in strahlende, radioaktive Gefährdungsgebiete verwandelt, die in Jahrzehnten noch krebserregend und genverändernd für die neugeborenen Kinder sein werden? Wie ist es möglich, dass man den Einsatz solcher Waffen hinnimmt? Dass man übt, wie man hier von Deutschland aus über zehntausend Kilometer Entfernung mit Hellfire-Raketen gezielt mordet? Davon will Frau Merkel nichts wissen, aber das müsste sie wissen: Von deutschem Boden soll kein Krieg mehr ausgehen. Von deutschem Boden geht Tod und Sterben aus. Und das müssen die Politiker zugeben zu wissen, statt weiter zu heucheln.
Hier über den Frankfurter Flughafen fanden die Übertragungs-Deportationen statt, mit denen man Verdächtige, sogenannte Terroristen, in die Foltercamps abschob, nach Polen, Bagram in Afghanistan, Damaskus in Syrien, Kairo in Ägypten. Von all dem wusste auch Herr Steinmeier nichts. Aber hier in Frankfurt aus konnte man beobachten, wie zielgenau die Übertragung stattfand. Und heucheln konnte Bush der Jüngere, dass auf amerikanischem Boden niemand gefoltert wird, ausgenommen vielleicht Guantanamo, in der immer noch besetzten Kolonialzone von Kuba, wohin US-Amerikaner nicht gehören. Aber man kann Inhumanität outsourcen. Man kann andere dafür verpflichtend machen. Und man kann am Ende ihre vermeintlichen Ergebnisse abschöpfen zur Gewinnung größerer Sicherheit. Daran sind wir mit beteiligt. All das dürfen wir nicht länger dulden und hinnehmen. Und was die Rüstung angeht, so eskaliert sie ins Unglaubliche. Immer noch wird uns eingebläut und beigebracht, wie gefährlich Russland und China sind und dass wir sie bekämpfen müssen. Die neue Rede von Herrn Biden ist genau dieses Programm. Und die transatlantische Freundschaft, der Schulterschluss mit den Amerikanern soll uns nötigen, selber aufzustocken auf mindestens 2% des Bruttoinlandsprodukts. Müssen wir weiter rüsten, um unsere NATO-Verpflichtungen ableisten zu können.
Die NATO ist erkennbar kein Friedensbündnis, niemals gewesen, sondern die schlimmste Angriffsarmee, die die Welt jemals erlebt hat.
Ausstieg aus der NATO ist zu fordern als erster Schritt zur Menschlichkeit, identisch mit der Forderung nach Abrüstung. Solange wir in der NATO sind, werden wir weiter aufrüsten, auch Europa stark machen müssen als eigenes Militärbündnis. Haben nicht die Franzosen bereits Atombomben, brauchen wir nicht mit Frankreich gemeinsam einen neuen Kampfbomber? Brauchen wir womöglich gemeinsame Flugzeugträger? Alles versteckt im Programm des Wahnsinns, angstgetrieben, künstlich gemacht. Schon vor mehr als 100 Jahren konnte Karl Kraus sagen: Will ich euch erklären, wie man die Welt regiert? Indem die Mächtigen die Journalisten belügen und dann so tun, als wenn sie selber glauben würden, was in den Zeitungen geschrieben steht. An Fernsehen konnte er noch gar nicht denken.
Wir erklären, dass wir den Mächtigen ihre Lügen nicht glauben werden und die doppelte Lüge, dass wir ihre Lügen glauben würden.
Wir glauben nicht, dass internationale Verantwortung darin besteht, überall auf der Erde die Besten zu sein, die Menschen töten können. Angeblich aus Verantwortung, angeblich um sich selbst zu verteidigen, wie an der Küste von Somalia. In Wirklichkeit brauchen wir Handelsplätze, Zugriff auf Rohstoffe. In Ihren Handys, die Sie in der Tasche haben, werden die Akkus mit Coltan aufgebaut. Über 90% davon lagert im Kongo, ein Land, das zu den ärmsten gehört, weil es an Bodenschätzen derart reich ist. Brauchen wir seltene Erden wie in China, brauchen wir Rohstoffe wie Bauxit, Uran, Lithium? Leider liegt Letzteres in Bolivien. Und was tun wir dagegen? Die einzige Erklärung: Wir müssen kämpfen zur Verteidigung. Sie hören richtig: „für unsere Werte”. Sie sind rein wirtschaftlicher Art, nicht humanitär. Nichts mehr glauben wir euch da oben, wenn ihr weiter sprecht, wie wir aus irgendeiner Verantwortung heraus Kriege führen müssen in Libyen. Das haben Franzosen, Briten und Amerikanern zerbombt. Gott sei Dank hat Frau Merkel uns da herausgehalten.
Wir sind dabei in Syrien weiter herum zu bomben. Den Krieg haben wir selbst herbeigeführt mit der „Assad muss weg”-Strategie.
Gerade verhandeln in Astana die Russen, die Türken und die Syrier darum, wie man den Bürgerkrieg, der initiiert wurde, langsam wieder abbauen könnte. Man dient nicht dem Frieden. Und was das Kräftegleichgewicht im Aufrüsten angeht: Immer wieder warnt man uns vor der Gefahr vom Osten, von Russland. Russland gibt jährlich ca. 68 Milliarden US-Dollar für Rüstung aus. Das ist viel, aber Russland ist der größte Flächenstaat der Welt. China rüstet auch auf – steht in den Zeitungen. Beide zusammen geben nicht ein Drittel von dem aus, was USA und NATO jährlich an Geld nur für Waffen ausgeben. Über eine Billion Dollar, tausend Milliarden Dollar, mehr als der ganze Rest der Welt, mehr als das Dreifache von den vermeintlichen Schurkenstaaten Russland und China. Und die Waffen, die entwickelt werden, gehen ins Grenzenlose. Und es ist nicht genug, dass wir alle Scheußlichkeiten auf den Militär-Schauplätzen der Welt organisieren, vorbereiten und exekutieren können. Wir brauchen unbedingt den Krieg im Weltall, das Programm von Ronald Reagan. Wir brauchen unbedingt den Cyberkrieg. Wir brauchen unbedingt die Dauerüberwachung. Wie in Stuttgart das Africom zur Kontrolle von ganz Schwarzafrika. Zur Planung möglicher Militäreinsätze so wie in Somalia, in Libyen, in Ägypten, in Marokko, in der Sahara, wo immer wir wollen, können wir dabei sein. Wir verlangen, dass man das Africom in Stuttgart abbaut. Wir sind hier ganz richtig in Frankfurt, das ist der Kreisverkehr für den gesamten Datenverkehr, wo die NSA und die Five Eyes abgreifen können. Sie überwachen die ganze Welt. Sie geben die Daten nach Langley, die festmachen, welche Leute man irgendwo in Afghanistan, Pakistan, Irak, wo auch immer töten muss, gezielt, mit Drohnen, die wir gerade dabei sind militärisch selber zu beschaffen.
Auch ein Programm von Annegret Kramp-Karrenbauer: Wir müssen die Soldaten schützen im Gefechtsfeld. Dafür brauchen wir Drohnen zu ihrer Verteidigung. Wir brauchen beides nicht. Wir brauchen keine Drohnen, die bewaffnet sind, die wir gerade dabei sind von Israel zu leasen und die wir jetzt gerade dabei sind selbst herzustellen und wir brauchen keine Soldaten in Auslandseinsätzen. Wir sollten den Lügen der Mächtigen nicht länger glauben.
Aufrüstung ist eine permanente Verunsicherung. Wir sind nicht Amerikaner, die glauben, sie könnten erst ruhig schlafen, wenn sie den Colt unter dem Kopfkissen haben.
Die permanente Drohung, per Knopfdruck die Menschheit mehrfach mit allen beliebigen Waffensystemen ausrotten zu können, ist kein Zeichen für Sicherheit, sondern das Dokument einer Irrsinnszuständigkeit unserer Weltbevölkerung in der Dauerparanoia, in die die Politik sie zum Gefangenen erklärt hat. Wir müssen damit aufhören, denn Frieden ist nicht die Vorbereitung zum Krieg. Die alten Römer hatten unrecht. Frieden ist nicht die Aggressivität im Vormarsch gegen erklärte Gegner. Darum sind wir entschlossen für Verständigung statt Konfrontation. Wir haben eine Politik der Sanktionen und der Embargo-Strategie. Vielleicht am aller furchtbarsten in der Zeit nach 1991 bis zum Jahr 2001 hatten die Vereinigten Staaten von Amerika es nötig, ein Embargo zu verhängen gegen Saddam Husseins Irak. 1998 fragte man die amerikanische Außenministerin Madeleine Albright, ob der Tod von 500.000 Kindern die Embargo-Strategie der USA wert sei. Sie starben an medikamentöser Mangelversorgung, sie starben an Hunger-Engpässen, sie starben am Zusammenbruch der Energieversorgung, die OPs fielen aus, die nötig gewesen wären in den Krankenhäusern. Die Außenministerin von „Gods own Country”, der Führungsmacht des Friedens und der Freiheit wagte es in die Kamera zu sprechen: „Yes”. 500.000 unschuldige Kinder, rein durch ein Embargo, und so soll das weitergehen. Sanktionen, kein Staat der Welt ist derart fleißig, Menschen in Schutzhaft zu nehmen.
Embargo gegen Syrien: Es sterben die Menschen vor Hunger.
Es sterben die Menschen auch unter Corona. Impfstoffe werden (Sputnik V) von Russland geliefert und sicher nicht von Amerika. Embargo gegen den Iran, Embargo gegen Libyen: Nur Amerika erlaubt sich in dieser Art in der Weltbevölkerung zu wüten zur Durchsetzung seiner eigenen macht-orientierten Ziele. Und so soll es weitergehen. Es ist nicht Versöhnung, sondern eine ständige Verschärfung der Konflikte, die schon da sind. Fast schon um den Krieg zu provozieren, den man gewinnen möchte. Aufmarsch im Schwarzen Meer, Aufmarsch der Flotte in der Ostsee, Verlegung immer größerer Militärkapazitäten an die Westgrenze Russlands. Die NATO ist inzwischen in Mittelasien, in Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan, Aserbaidschan. Sie gehört da nicht hin, sie müsste sich zurückziehen, sie müsste sich selber auflösen. Es wären die Deutschen, die als erste aus dieser Angriffsarmee austreten müssten. Von deutschem Boden soll kein Krieg mehr ausgehen. Das ist das Ende der NATO mit Beteiligung von Deutschen. Wir hätten aus dem sogenannten Dritten Reich, aus dem Erbe von zwei Weltkriegen, hervorgebrochen aus Deutschland, irgendwann mal was zu lernen, mehr an Menschlichkeit, weniger an Militarisierung und Militarismus.
Es ist allein Amerika, das weltweit mehr als 600 Militärstützpunkte unterhält.
Abhörzentralen im Kosovo, man weiß wofür man diesen Krieg vom Zaum gebrochen hat. Eine Abhörzentrale im Irak. Man weiß, dass man von dem Irak aus den gesamten Nahen Osten überwachen kann. Spionagenetze, die die gesamte Welt überstreichen und durch Kontrolle, Macht, Einfluss und Einschüchterung permanente Angst erzeugen. Diese Politik können wir nicht gebrauchen, sie dient nicht dem Zusammenwachsen der Nationen, sondern zu deren Okkupation und der Vormachtstellung eines einzigen Landes – „Gods own Country”. Wir Deutsche haben womöglich den USA vieles zu verdanken. Dieses erzeugt nicht unsere Dankbarkeit, sondern unsere tiefste Ablehnung und Verachtung. Hier zum Ostertage in Frankfurt erklären wir, dass wir diese Art von Politik nicht wollen. Russland hat Militärstützpunkte nirgendwo, wenn man hochrechnet, gerade mal in Syrien. China hat Militärstützpunkte nirgendwo, aber Amerika baut sie aus in Europa, baut sie aus im Pazifik, baut sie in Asien. Es muss Schluss damit sein, Konfrontations- und Aggressionspolitik weiter als Maßnahme der Vernunft zu erklären.
Und deshalb kommen wir zum Hauptpunkt: Wir weigern uns Soldaten zu sein. Die Friedensbewegung war stark, als die Menschen Angst hatten. 1982 als wir fürchten mussten, bei der Disloziierung der Pershing 2 selber in Deutschland das Schlachtfeld zu werden für einen nuklearen Schlagabtausch, wie man das nannte. Man fürchtete um die eigene Existenz. Heute ist die Friedensbewegung schwach. Man fürchtet wieder um die eigene Existenz. Also findet man es richtig, im Antiterrorkrieg überall auf Erden präsent zu sein.
Aber der Pazifismus wird nicht gespeist von Angst, sondern durch Zuversicht und Vertrauen.
Das ist genau das, was es am Ostertag zu lernen gilt. Nein zum Tod und Ja zum Leben. Wir sagen Nein zum Krieg und Nein zum Militär, nicht aus Angst, sondern genau im Gegenteil aus innerer Überzeugung. Es gibt keine Bürger in Uniform, wie man uns einredet. Es gibt eingeschüchterte Bürger, die man nötigt, auf Befehl mörderische Aktionen unter dem Anzeichen verantwortlichen Handelns zu akzeptieren, um-trainiert auf den Kasernenhöfen, um ihr eigenes Gewissen durch den Drillgehorsam entleert, entmenschlicht und betrogen. Genau das wollen wir nicht und deshalb sagen wir dazu Nein. Es ist keine Ausflucht zu erklären: Wir haben ja heute keine Pflichtarmee mehr – umso schlimmer. Was wird gemacht aus Menschen, die das Morden lernen um dafür ihren Sold zu kassieren, als wären sie immer noch im 30jährigen Krieg. Eine Söldnerarmee, Killerprofis, die dafür Geld einnehmen, Treppchen für Treppchen auf der Karriereleiter betreten, indem sie immer effizienter Menschen töten lernen und zu Töten befehlen. Seitdem ich denken kann, wird mir gesagt: Aber wir Soldaten verteidigen doch auch deine Freiheit. Die Antwort kann nur sein: Menschen, die ihre eigene Freiheit einbüßen zum Drillgehorsam gegenüber einem Brüllaffen von Sergeant, sind nicht die Menschen, die Freiheit verteidigen. Sie haben sie selbst geopfert, um Soldaten zu sein. Daraus geht nicht Freiheit hervor, sondern Abhängigkeit, Unmündigkeit, Strammstehen, die Augen geradeaus. Das Marionettendasein von Leuten, die kein Gewissen mehr haben, dafür aber einen Koppel um den Bauch und einen Stahlhelm auf dem Kopf. Menschlichkeit wird frei gewählt, indem man zur Unmenschlichkeit Nein sagt.
Deshalb erklären wir, dass wir die Politik, die man gerade betreibt, die man im Schulterschluss mit den USA gerade wieder neu wieder aufleben möchte, zutiefst nur ablehnen kann. Sie ist nicht die Zukunft, sie ist die älteste Vergangenheit. Zukunft hat der Frieden, beerdigen sollten wir nach Ostern ein für allemal den Krieg. Wir feiern heute den Tag der Auferstehung und deshalb danke ich Ihnen. Ich bin mit Ihnen für den Aufstand gegen den Krieg. Wir revoltieren gegen die Unmenschlichkeit und die Inhumanität der Instrumentalisierung von Kriegen zu irgendeinem Ziel des Regime Change. Sie wird nicht besser, sie wird schlimmer, indem wir vermeintlich das Böse bekämpfen müssen mit immer bösartigeren Mitteln. Wir selber werden im Kampf gegen die Hölle dabei zu den Teufeln, die wir jagen wollen. Arbeiten sollten wir an uns selbst, in Vertrauen, Sanftmut und Friedfertigkeit. Eben deswegen lehnen wir den Sadismus auf den Kasernenhöfen und den Schlachtfeldern ab, heute und ein für allemal. Ich wünsche Ihnen ein frohes Ostern.
Eugen Drewermann ist Kath. Theologe und lebt in Paderborn. Transkription und redaktionelle Durchsicht: Friedens- und Zukunftswerkstatt e.V.