Der Antrag der Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan setzt die Militarisierung der Politik fort, die in einem vorhersehbaren und von der Friedensbewegung vorhergesehenen Fiasko endete. Die Einhaltung des Völkerrechts muss unbedingte Basis aller Schritte sein, da andernfalls das Gesetz des Dschungels herrscht, das den Zerfall der internationalen Ordnung weiter forcieren würde
Die Bundesregierung unterstellt, dass eine militärische Evakuierung mit dem Völkerrecht im Einklang steht, da es im Rahmen der Zustimmung der afghanischen Regierung erfolgen würde.
Dem ist entgegenzuhalten:
Die Taliban haben jetzt die faktische Macht. Wenn sie auch noch keine Regierung haben, sind sie es, die die Zukunft des Landes bestimmen werden. Ihre Zustimmung zu einem weiteren Verbleib der Bundeswehr für die Evakuierung und den vollkommenen Rückzug ist jetzt erforderlich. Die Bundesregierung kann sich nicht mehr auf Abmachungen mit der alten abgedankten Regierung berufen.
Zu einem Zeitpunkt, an dem die Taliban über die politische Macht verfügen und zu dem sie bereits Gesprächspartner der Bundesregierung der EU und der USA sind (zdf heute, 19.08.2021) erklärt die Bundesregierung in ihrem Antrag zur militärischen Evakuierung, dass Vereinbarungen mit der nicht mehr im Amt befindlichen Regierung über den „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“ auch nach deren Zusammenbruch fortbestehen; das hat die Funktion, den völkerrechtswidrigen Charakter der Planungen zu kaschieren. Sie plant den Einsatz kampffähiger Truppen zur Evakuierung, ohne anzahlmäßige und räumliche Begrenzung (s. Punkt 8 und 9!).
Die US-Soldaten in Kabul haben den Befehl, Ordnung und Sicherheit wieder herzustellen, um Evakuierungen durchführen zu können. In diese nicht nur juristisch komplizierte und angespannte Lage hinein auch noch deutsche Kampftruppen zu entsenden, verschärft die Gefahr für vor Ort eingesetzte Kräfte und für die Menschen in Afghanistan. Das täuscht der Öffentlichkeit eine lösungsorientierte Geschäftigkeit vor, dabei stellt es nichts anderes dar, als die Fortführung von konzeptloser militärischer Aktivität, die die Gefahr einer Fortführung der Spannungseskalation in sich birgt und die weiterhin das Völkerrecht verletzt.
Dieser Plan ist dem entsprechend abzulehnen
Menschen in Afghanistan benötigten und benötigen unsere Hilfe. Wer das Land verlassen will, dem muss beigestanden werden.
Eine Lösung kann nur in einer internationalen von der UN auf der Basis des Völkerrechts koordinierten und von den UN-Unterorganisationen unterstütze große gemeinsame Hilfsaktion liegen. Es bedarf einer allseitig abgestimmten UNO-Hilfsmaßnahme mit Kräften aus Staaten besonders der Region.
Die bisherigen Besatzer, die verantwortlich für den Einsatz von Killerdrohnen und Folterern sind, fallen als Helfer aus. Ihr Versuch, ihr militärisches Desaster in einer angeblich humanitären Aktion vor der Weltöffentlichkeit zu überspielen, ist zum Scheitern verurteilt, wie es der Afghanistankrieg selber mit seinen humanitären Narrativen auch war.
Hilfe heißt internationale Solidarität und nicht humanitär begründete Militärintervention.
Wir fordern die Fraktion der Partei Die Linken auf, den Antrag der Bundesregierung abzulehnen. Eine andere Position wäre die erste Zustimmung der Linken zu einem Kriegseinsatz („robustes Mandat“).
Reiner Braun, Kristine Karch, Ekkehard Lentz, Willi van Ooyen, Karl Heinz Peil, Norman Paech, Werner Ruf, Bernhard Trautvetter
Veranstaltungshinweis: die Kulturwerkstatt-Beckingen lädt aus Anlass des Antikriegstages-2021 zu einer Causerie (Plauderei) über Kriegslügen ein. Samstag, 4. Sept. um 19 Uhr, Kulturwerkstatt-Beckingen, Nikolausstr. 6.