Gegen Lieferung von Taurus-Raketen
Der “Appell der 38“ warnt eindringlich vor der Lieferung von Taurus-Raketen. Denn „Damit könnte Selenskyj Ziele tief in Russland punktgenau angreifen.“ Das „würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine militärische Antwort Russlands nach sich ziehen“. Und die Schlussfolgerung ist klar und deutlich: „Noch nie seit dem Ende des 2. Weltkriegs war die Gefahr eines Nuklearkriegs in Europa so groß wie jetzt.“
Gebetsmühle vom „völkerrechtswidrigen Krieg“ Russlands
Doch schon zu Beginn des fraglos gut gemeinten Appells kann man die Gebetsmühle rattern hören, wenn vom „völkerrechtswidrigen Krieg Russlands“ die Rede ist. Wer diese Formel als Eintrittskarte in die politische Debatte um den Ukrainekrieg nutzt, wer das Wort NATO an keiner Stelle erwähnen will, der verschließt sich der schlichten Erkenntnis, dass der Ukraine-Krieg eine überlebensnotwendige Antwort auf die Einkreisung Russlands durch die NATO ist. Wer die NATO ausblendet, der lässt sein Publikum im Regen der westlichen Propaganda stehen und kann es so nicht seriös zur Verteidigung des Friedens mobilisieren.
Ukraine-Krieg ist ein Verteidigungskrieg
Es ist für manche schwierig zu begreifen, dass der Ukraine-Krieg ein Verteidigungskrieg ist. Aber was wäre, wenn die Organisation des „Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS)“ – eine Art russischer NATO, in der neben Russland auch Belorussland, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan militärisch organisiert sind – auch Mexiko als Mitglied aufnehmen würde? Die größte Militärmacht der Welt, die USA, würden Mexiko niederwalzen.
NATO an der Grenze: Mörderische Gefahr
Wer die hochaggressive NATO unmittelbar vor seinen Grenzen unbehelligt agieren lässt, begibt sich in mörderische Gefahr: Die Menschen in Jugoslawien, Afghanistan und in Libyen können von den Kriegen und dem Vernichtungswillen der von den USA kommandierten NATO berichten. Und als am 30. September 2022 die Ukraine einen Antrag zur beschleunigten Mitgliedschaft bei der NATO einreichte, ohne auf entschiedenen Protest der USA und ihrer NATO zu stoßen, war der Kurs klar: Die Russen sollten von der NATO weiter eingekreist werden.
NATO-Osterweiterung
Schon 1991 wurden mit Polen, Tschechien und Ungarn drei ehemalige Mitglieder des Warschauer Pakts in die NATO aufgenommen. Bei der nächsten Erweiterung im Jahr 2004 folgten gleich sieben osteuropäische Staaten, von denen mehrere ehemalige Sowjetrepubliken waren oder die im Warschauer Pakt waren: Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien. Doch der USA-NATO reichte das immer noch nicht.
Russen verrückt?
Die Russen wären verrückt, wenn sie dieser würgenden Einkreisung tatenlos zugesehen hätten. Immerhin gibt es für genau diese Fälle den Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen, der ein Recht auf Selbstverteidigung vorsieht. Der NATO-Rat zum Beispiel hatte im September 2001 nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 genau dieses Recht in Anspruch genommen. Der Krieg gegen Afghanistan wurde mit diesen Anschlägen begründet, obwohl nachweislich kein Afghane unter den Terroristen war. Auch die Einrichtung des US-Folterlagers in Guantanamo wurde mit den Anschlägen des 11. September erklärt.
Wer Frieden will, muß die Wahrheit sagen
Die Russen sind eben nicht verrückt: Sie wehren sich gegen die gefährliche Einkreisung und sind der NATO in der Ukraine so gerade noch zuvorgekommen. Das ist es, was die Absender des Appell der 38 hätten schreiben müssen. Denn wer den Frieden will, muss die Wahrheit sagen, muss der NATO entgegentreten.
Dieser Beitrag ist auf der Internetseite Rationalgalerie erschienen:
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Autor: Uli Gellermann