Freie Fahrt mit Corona für den Unternehmerstaat Deutschland

Auf der Veranstaltung der Bürgerinitiative „Aachener für eine menschliche Zukunft“ am 10. April 2021 auf dem Rathausplatz Aachen hielt der Kölner Publizist Werner Rügemer die folgende Rede.

Liebe körperlich und sonstig Anwesende, liebe Bürger aller Herkünfte, Nationen, Religionen und Geschlechter, Geimpfte und Ungeimpfte,

ich bedanke mich für die Einladung nach Aachen, eine Stadt, die nicht nur nach dem Sachsenschlächter Karl dem Großen erneut einen christlich drapierten Großpolitiker hervorgebracht hat, sondern sich vor allem glücklich schätzen kann, dass hier aktive Bürgerinnen und Bürger solche Veranstaltungen wie heute hier veranstalten. Vielen Dank und viel Erfolg weiterhin!

Und auch für die zahlreich nicht anwesenden Vertreter und freiberuflich-unterbezahlt unter Druck stehenden sogenannten „freien“ Mitarbeiter der lokalen Medienmonopölchen mache ich zunächst einige kurze Anmerkungen zu meiner Kölner Wenigkeit:

ich bin kein „Quer“- und auch kein „Senkrecht“-Denker, sondern Philosoph: Ich liebe und suche die Wahrheit. Diese Methode wurde übrigens entwickelt, bevor das verkirchlichte Christentum die Menschheit mit sexuellem Missbrauch, Panzersegnungen und straflos korrupten PolitikerInnen überschwemmte, nicht erst in Corona-Zeiten.

Grundrechte: Da fehlen die Menschenrechte!

Ich gehöre auch nicht zu denen, die einfach nach den „Grundrechten“ rufen, auch deshalb, weil in den Grundrechten des Grundgesetzes Wesentliches fehlt. Schon mal gleich zu Beginn: Die universellen Menschenrechte der UNO werden im Grundgesetz nicht einmal erwähnt. Sie zählen nicht zu den Grundrechten. Recht auf Gesundheit, Recht auf Wohnung, Recht auf soziale Sicherheit, Recht auf Arbeit, Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeit, Recht auf gerechte internationale Ordnung – alles das fehlt bei den Grundrechten.

Und zu den 19 Grundrechten gehört zwar das Grundrecht Nummer 9: Vereinigungsfreiheit. Danach haben „alle Deutschen“ das Recht, „Vereine und Gesellschaften zu bilden“. Alle Deutschen haben das Recht dazu. Vereine und Gesellschaften dürfen also zumindest wir Deutschen bilden. Deshalb gibt es die Aachener und Kölner und Eschweiler Karnevalsvereine und die privaten Aktiengesellschaften.

Aber Parteien bilden? Das ist kein Grundrecht – sonst hätte das Grundgesetz vielleicht festlegen müssen, dass sie nicht von Privatunternehmen dauerfinanziert werden dürfen. Gewerkschaften bilden, Betriebsräte bilden? Kein Grundrecht. Oder gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Mann und Frau? Kein Grundrecht. Oder vielleicht Genossenschaften bilden, Bürgerinitiativen, Volksabstimmungen, Friedensmärsche? Das sind alles keine Grundrechte. Dabei bräuchten wir gerade jetzt solche Aktionsformen, und besonders starke, und gerade auch in Zeiten von Corona, in Zeiten von Arbeitsarmut, von Umweltzerstörung und von wachsender Feindhetze durch Regierungen und Leitmedien.

Corona-Politiker: Keine Vertreter der öffentlichen Gesundheit

Und die Verantwortlichen für Arbeitsarmut, Umweltzerstörung und Feindhetze – gerade sie bieten auch keine Gewähr für die Sicherung der öffentlichen Gesundheit. Sie haben seit 30 Jahren die Gesundheit privatkapitalistischen Interessen ausgeliefert. Das betrifft nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Alten- und Pflegeheime und medizinische Dienste. Hunderttausende Betten und Arbeitsplätze wurden abgebaut. Im Pandemiejahr wurden 20 Krankenhäuser geschlossen.

Die hygienischen Verhältnisse sowohl für Pfleger und Patienten sind eine Katastrophe. Zehntausende Patienten sterben jährlich, weil sie sich im Krankenhaus infizieren. Das hat keinen RKI-Chef und keinen Gesundheitsminister und keinen Regierungs-Virologen gekümmert.

Die Beiträge zu den Krankenkassen wurden erhöht und zusätzlich müssen inzwischen noch Sonderbeiträge entrichtet werden, und Zuzahlungen für Medikamente, für Vorsorgeuntersuchungen und für Krankenhaustage. Viele Krankheiten abhängig Beschäftigter, Arbeitsloser, Rentner werden nicht diagnostiziert. Viele Kranke kommen nie in ein Krankenhaus. Du bist arm, du brauchst nicht alle Zähne, du kannst früher sterben!

Corona-Politik: In den Händen privater Berater

Und noch nie hat die Bundesregierung so viele teure private Berater, also Unternehmer-Lobbyisten beauftragt wie jetzt für das Corona-Management. Sie verdienen ein Mehrfaches im Vergleich zu den Korrupti-Maskendealern im Bundestag. Für diese Berater haben Merkel & Co im Pandemie-Jahr die Ausgaben verdoppelt, auf 433 Millionen, also etwa eine halbe Milliarde Euro, gaben sie auf Anfrage im Bundestag bekannt.

Gesundheitsminister Spahn beauftragte die Betrugs-Berater von Ernst&Young mit dem Kauf von Masken, nachdem Ernst&Young jahrelang die Bilanzen des Milliarden-Betrugsunternehmens Wirecard gegen hohe Honorare als korrekt testiert hatte.

Spahn vergab an die PR-Agentur Scholz&Friends einen 22-Millionen-Auftrag, um Ministerauftritte zu organisieren, Ministerreden zu schreiben und die Leitmedien mit hochbezahlten Anzeigen für „hashtagWirbleibenzuhause“ zu füttern. Die 22 Millionen sind übrigens nicht in den 433 Millionen enthalten, die die Bundesregierung bekanntgab.

Unternehmen: Vom Infektionsschutz-Gesetz ausgenommen

Übrigens: Die privaten Unternehmen sind vom Infektionsschutz-Gesetz ausgenommen. Ja, ausgenommen! Während die Regierungen und die staatlichen wie privaten Leitmedien einen allgemeinen Lockdown simulieren und suggerieren, sind mindestens 35 der 45 Millionen abhängig Beschäftigten weiter im Betrieb, ohne Lockdown, ohne Kontrollen, ohne Sanktionen, und im Home Office dasselbe.

Für die Unternehmen gilt nicht das Infektionsschutz-Gesetz und auch kein anderes Gesetz, sondern die SARS-Cov-2-Arbeitsschutzregel: Sie wurde auf Druck der Unternehmerlobby erst ein halbes Jahr nach dem Infektionsschutz-Gesetz still und leise vom braven SPD-Arbeitsminister Heil veröffentlicht, im August 2020. Diese Regel ist aber kein Gesetz, sondern ein untergesetzliches Dingsbums, es zieht keine erhöhten Kontrollen nach sich, und bei Verletzungen sind keine Strafen möglich.

Zur Illustration: NRW-Arbeitsminister Laumann gab jetzt im März 2021 bekannt: Bisher sind 6.000 Betriebe auf die Einhaltung der Regel kontrolliert worden. Bei immerhin 40 Prozent wurden Verstöße festgestellt, es wurden aber keine Bußgelder verhängt, das ist ja nach dieser Regel nicht möglich. Und die 6.000 Betriebe sind weniger als 1 (ein) Prozent aller Betriebe in NRW! Dagegen haben allein die Ordnungskräfte der Stadt Köln 18.268 „Coronaverstöße“ festgestellt und tausende Bußgelder verhängt. Hallo Leute, rechnet das mal hoch: In NRW wohnen 17 mal soviel Menschen wie in Köln! Gleichheit vor dem Gesetz? Rechtsstaat?

„Huch“, wundern sich Drosten und Wieler:
„Wieso Fleischzerleger infiziert?“

Auch deshalb kamen die tausende Infektionen bei den migrantischen Fleischzerlegern „überraschend“, katastrophisch ans Licht. 1.550 allein in dem einen Schlachthof des Tönnies-Konzerns in Rheda-Wiedenbrück. Huch, soll da der Regierungs-Virologe Drosten gemurmelt haben, huch, das hätte ich aber nie gedacht! Wie war denn sowas nur möglich?

Und RKI-Präsident Wieler, ein gelernter bayerischer CSU-Veterinärmediziner, also Tierarzt, war ebenfalls überrascht, was da beim Schlachten von Tieren in unterkühlten Räumen so alles passieren kann.

Die Regierungs-Virologen wollen nichts über Risikogruppen und Risikoumstände und darauf genau abgestimmte Maßnahmen wissen. Lieber verbreiten sie Panik mit der Gleichsetzung: Wer infiziert ist, ist krank. So verlängern sie die Pandemie ins Unendliche, machen die Bevölkerung und die abhängig Beschäftigten noch viel kränker.

Große Corona-Gewinner wie Amazon können ihre Paketauslieferer, die in Subunternehmerketten ausgelagert werden, weiter in unbezahlte Überstunden hetzen, ausbeuten und gesundheitlich gefährden. Da schauen die großen Gesundheitsapostel professionell genau dran vorbei.

Spargelstecher im Arbeitslager

Natürlich dürfen wir einen der höchsten deutschen Werte jetzt nicht vergessen, den deutschen Spargel. Dafür hat die wertebewusste Merkel-Regierung jetzt Ende März Folgendes beschlossen: Für Saisonarbeiter zum Spargelstechen und Erdbeerpflücken werden bis zu 102 sozialversicherungsfreie Arbeitstage erlaubt. Dafür braucht der Plantagenbesitzer seinen Saisonkräften aus Rumänien und Georgien keine Sozialversicherung bezahlen, zum Beispiel keine Beiträge zur Krankenversicherung. 102 Arbeitstage – das sind bis vier Monate Aufenthalt.

Und dafür dürfen die Saisonarbeiter auch aus Hochinzidenz-Staaten einreisen. Und dürfen mit bis zu 8 Personen in einem Zimmer eingepfercht werden. Und dürfen dieses ihr Arbeits-Lager nur zum Arbeiten verlassen, aber sonst nicht. Danach dürfen sie ausgelaugt in ihre von der EU verarmten Staaten zurückfahren, aus deren abgewirtschafteten Gesundheitssystemen die Bundesregierung die letzten verzweifelten Ärzte und Krankenpfleger als Billigkräfte in deutsche Krankenhäuser abwirbt.

Die Maßnahmen für die Spargelstecher und Billigpfleger sind nur die andere Seite der Corona-Medaille im öffentlichen Raum. Beides kommt von denselben TäterInnen. Auch Depressionen, Spielsucht und noch mehr Porno-Konsum dürfen sich ausbreiten. Das sind die vielbeschworenen „europäischen Werte“ in der Praxis. Die herrschende „Gesundheits“politik macht Menschen krank.

Widerstandsformen, die nicht im Grundgesetz stehen

Diese selbe Politik macht auch die Wirtschaft krank. Die Hersteller von SUV-Umweltschleudern wie Daimler, VW und BMW werden mit Verkaufsprämien und Kurzarbeitergeld staatlich hoch subventioniert und schütten Milliarden-Gewinne an die privaten BlackRock-Aktionäre aus – während Millionen befristet und prekär Beschäftigte nichtmal das niedrige Kurzarbeitergeld bekommen und Millionen Soloselbständige und Kleingewerbetreibende gerade noch ihre Insolvenz hinauszögern.

Bei den Maßnahmen gegen die Umweltzerstörung praktiziert diese Regierung green washing – diese Erkenntnis setzt sich in der Bevölkerung gerade durch.

Aber dass die Regierungen und Konzerne auch bei der Gesundheit, englisch health, genauso vorgehen, also health washing betreiben – diese Erkenntnis wächst gerade.

Dafür sind wir heute hier. Weiter geht’s auf diesem Weg! Und stärken wir dafür Aktionsformen, die nicht im Grundgesetz stehen: zum Beispiel Gewerkschaften, Betriebsräte, Bürgerinitiativen, Volksabstimmungen, Genossenschaften – und Friedensmärsche!

Die Rede wurde zuerst veröffentlicht auf den Nachdenkseiten:
 https://www.nachdenkseiten.de/?p=71705