Macht und Ohnmacht der Zentralbanken
Die Überschrift mag vielleicht erstaunen und dennoch lässt sie sich einfach erklären.
Um wirklich zu verstehen, was auf unserem Planeten vor sich geht, ist es unerlässlich, auf das Geld- und Finanzsystem zu schauen. Dort werden alle Weichen gestellt.
Zentralbanken, Maschinisten im Geld- und Finanzsystem
Die Maschinisten in diesem System sind die Zentralbanken. Obermaschinist der Gegenwart ist die amerikanische Notenbank oder Zentralbank. Die FED, die Federal Reserve.
Zentralbanken sind die einzige von der jeweiligen Regierung befugte Instanz, wirklich werthaltiges Geld herzustellen. Sie alleine haben das Währungsmonopol und können gesetzliches Zentralbankgeld herstellen. Die Regierungen haben ihnen dieses Recht übertragen. In Demokratien erhalten diese Regierungen dieses Recht durch Bürger, die sie mehrheitlich gewählt haben. In Halb-Dikaturen oder Voll-Diktaturen übergehen die Herrscher auch mal kurz das Volk.
Das oberste werthaltige Geld weltweit ist der amerikanische Dollar. Alle wollen ihn in Händen halten.
Nur Zentralbanken also, nicht die Geschäftsbanken wie die Bank of America, die Deutsche Bank, nicht die Sparkassen, nicht die Volks- und Raiffeisenbanken können Zentralbankgeld herstellen. Das Geld, das die Banken herstellen, haben die Bürger auf ihren Girokonten. Dieses Geld heißt Giralgeld. Man verwendet auch die Begriffe Bankengeld oder Buchgeld. Dieses Giralgeld wird erst dann zu vollwertigem Geld, also Zentralbankgeld, wenn der Bankkunde zur Bank geht und sich das Geld auf seinem Girokonto bar auszahlen lässt.
Finanzkrise 2007-2009 Weckruf für eine veränderte Zentralbankstrategie
Und nun ein paar Erklärungen dazu, was sich in diesem Geld- und Finanzsystem seit den 90 er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach und nach verändert hat. Es sind Veränderungen, die in der Finanzkrise 2007-2009 und in der Covid-Krise schlaglichtartig auf sich aufmerksam machten.
Zwei geldpolitische Phasen lassen sich unterscheiden. Eine vor der Finanzkrise und eine nach der Finanzkrise. Letztere wird, wenn nichts Entscheidendes auf der politischen Bühne geschieht, die nächsten Jahrzehnte weltweit bestimmen. Der Übergang von der ersten zur zweiten Phase geschah nicht plötzlich. Die zweite Phase bahnte sich schon den 90er Jahren an. Die Finanzkrise wirkte wie ein Weckruf an die Zentralbanken, nun endlich „Nägel mit Köpfen zu machen“. Die Zentralbanken sind die Hauptakteure dieses Veränderungsprozesses.
Leitzinspolitik am Ende
In der ersten Phase spielt der Leitzins die entscheidende Rolle. Die Zentralbanken legen ihn fest. Mit diesem Zins bestimmen sie den Preis, zu dem die Banken Geld bei ihnen bekommen (oder auch bei ihnen „einlegen“ können).
Zu Erklärung kurz Folgendes:
Nur Geschäftsbanken haben das Recht, direkt von der Zentralbank „gutes“ Geld zu bekommen. Die Bürger können sich nicht direkt an die Zentralbank wenden. Die Banken brauchen dieses Geld, um ihr eigenes Geld, das Giralgeld „machen“ zu dürfen. Aber nicht im Verhältnis 1:1. In 100 Euro Giralgeld brauchen nur 2,5 Euro Zentralbankgeld „drinzustecken“. Diese 2,5 Euro sollen mit ihrem echten Wert ausreichen, um 97,5 Euro ohne wirklichen Wert abzusichern. So einfach funktioniert das Giralgeld. Die Zentralbanken bzw. die Regierungen treiben diesen großzügigen Umgang mit den Geschäftsbanken und ihrem Privatgeld aber noch weiter auf die Spitze. Sie geben den Banken das Recht, einem Kunden 100 Euro Bargeld, also Zentralbankgeld von seinem Girokonto (Giralgeldkonto) auszuzahlen, wenn er dies wünscht. Man spricht von dem „Einlösungsanspruch“. Dieser Anspruch wurde niemals in einem ordnungsgemäßen parlamentarischen Verfahren vor den Augen der Öffentlichkeit verhandelt. Er wurde ganz „diskret“ durchgesetzt.
Zurück zum Leitzins.
Der von den Zentralbanken vorgegebene Geldpreis soll auch den Geldpreis bestimmen, den die Geschäftsbanken von ihren Kunden verlangen, wenn diese einen Kredit haben möchten. Also, der private Bürger, das Unternehmen und sogar der Staat (Gemeinde, Land Bund).
Mit dem Geldpreis will die Zentralbank die Geldmenge steuern, die insgesamt im Umlauf ist. Es darf nicht zu wenig sein, denn dann geht der Wirtschaft die Luft bzw. das Geld aus. Es besteht die Gefahr der Deflation. Es darf auch nicht zu viel Geld sein, denn dann besteht die Gefahr, dass die Menschen mehr kaufen wollen, als die Wirtschaft produzieren kann. Und das erzeugt (Nachfrage-)Inflation. Diese Gefahr besteht so gut wie nicht mehr.
Bei dieser Form der Geldpolitik sind die Zentralbanken darauf angewiesen, dass die Banken „mitspielen“. Die Zentralbanken erwarten nämlich, dass die Banken viele Kredite vergeben, wenn das Geld billig ist und weniger Kredite vergeben, wenn das Geld teuer ist.
Dieses System hat so lange einigermaßen funktioniert, wie die Unternehmen in der sogenannten Realwirtschaft noch recht gut verdienen konnten. Sie produzierten Waren und diese Waren ließen sich ohne Probleme verkaufen. Wenn sie neue Maschinen brauchten, finanzierten sie diese über einen Kredit. Der Kredit ließ sich ja leicht zurückzahlen. Man wusste ja, dass man mit der neuen Maschine einen guten Gewinn machen wird.
Nun sind die Zentralbanken schon eine geraume Zeit bei Nullzinsen und sogar Negativzinsen angekommen. „Die Pferde saufen immer noch nicht“ so, wie sich das die Zentralbanken vorstellten. Die Realwirtschaft dümpelt weiter vor sich hin. Der beste Beweis dafür, dass das Leitzinsmodell ausgereizt ist.
Nach und nach mussten die Unternehmen und ganz besonders die ganz großen feststellen, dass sich mehr Geld verdienen lässt, wenn man nicht mühsam produzieren, sich nicht direkt mit den Kunden und den Gewerkschaften herumschlagen muss usw., sondern wenn man ganz einfach aus dem Geld, das man besitzt, mehr Geld macht.
Ihr Blick richtete sich auf den Finanzmarkt. Das private Großkapital hatte großes Interesse am Auf- und immer weiteren Ausbau des Finanzmarktes. Es konnte dort sein „eigenes Ding“ machen. Dabei spielt das sogenannte Schattenbankensystem eine ganz entscheidende Rolle. Schattenbanken sind Banken, die im Schatten aktiv sind. Sie machen dort Dinge, von denen die Öffentlichkeit nichts mitbekommen soll.
von Franz Schneider, Saarbrücken, 18.10.2021